Wie gewinne ich Patient:innen, die interessant für mich sind? Wie kann ich diese lang-fristig an mich binden? Um diese und ähnliche Fragen ging es im Interview mit den beiden Unternehmensberaterinnen Verena Growe und Vania Biesler. Als Expertinnen für Kundenmanagement untersuchen sie im Auftrag großer und mittelständischer Un-ternehmen, wie die sogenannten „touch points“, also jegliche Berührungspunkte, zwi-schen Kund:innen und Unternehmen ausgestaltet sind.
„Wenn Sie bei einer Service-Hotline anrufen und um Ihre Zustimmung gebeten werden, dass das Gespräch aufgezeichnet werden darf, dannsind wir es, die die Qualität des Gespräches analysieren“, berichtete Biesler. Die Diplom-Psychologin untersucht in Form eines „Lab-Projekts“ zusammen mit ihrem Team den Verlauf des Gesprächs, die Wort-wahl, die Grundhaltung der Gesprächspartner und die Atmosphäre insgesamt. „Aus der Interaktion ziehen wir qualitative Informationen, die vorher an den bloßen quantitaven Daten nicht erkennbar waren.“ Die so gewonnenen, qualitativen Daten kombinieren sie mit den bereits bekannten soziodemographischen Daten, um so Strategien für die Opti-mierung der sogenannten „Customer Experience“ zu entwickeln.
Die Unternehmensberaterinnen von MUUUH! Consulting nehmen u.a. auch in Rahmen von Projekten zur Markenentwicklung jegliche Kontaktpunkte zwischen Unternehmen und Kund:innen in den Blick: vom Firmenschild über die Website, die Kleidung der Mitarbeiter:innen, die Gestaltung der Räume, die Wegeführung, den Schriftverkehr via E-Mail oder Brief, die Kommunikation über Social Media, u.v.m.
„Darüber hinaus ist es wichtig, sich Gedanken über seine (Wunsch-)Kund:innen zu ma-chen“, betonte Growe. Dabei helfe es, sie in Form von sogenannten Personas in be-stimmte Kategorien einzuordnen. „Eine Patientin auf dem Dorf, die schon seit Kind-heitstagen zum gleichen Zahnarzt geht, hat andere Bedürfnisstrukturen als jemand, der gerade umgezogen ist und für sich und seine ganze Familie einen neuen Zahnarzt sucht.“
Perspektivwechsel auf dem Zahnarztstuhl
„In der Beratung unterstützen wir Unternehmen dabei, die Perspektive zu wechseln und sich in ihre Kund:innen hinein zu versetzen“, erklärte Biesler. Sie ermunterte die anwe-senden Zahnärztinnen dazu, doch einmal selbst auf dem Behandlungsstuhl Platz zu nehmen und den Raum – im Speziellen die Decke – auf sich wirken zu lassen. Das allein reiche aber nicht: „Meistens brauchen die Unternehmen beziehungsweise die Praxen Kritik und Impulse von außen. Ganz auf sich gestellt funktioniert ein Rollenwechsel nicht.“
Beim Thema Digitalisierung solle man sich genau anschauen, welche Prozesse sinnvoll zu digitalisieren seien und welche Patient:innen man auf diesem Wege erreichen könne, empfahl Growe. „Es gibt nach wie vor Menschen, die haben und wollen auch keine E-Mail-Adresse. Auch für diese Kundengruppe muss es entsprechende Angebote geben.“
Auf Nachfrage zum Thema Social Media rieten die beiden Kundenmanagement-Expertinnen dazu, sich genau mit den verschiedenen Formen der Kommunikation via Facebook, Twitter oder Instagram auseinanderzusetzen und die verschiedenen Portale nach Möglichkeit auch zu bespielen. „Natürlich macht es Sinn, sich vorher zu überlegen, wen man darüber erreichen will, wer die Kanäle betreuen kann und welche Inhalte zielführend sind“, erklärte Biesler. Nichts sei schlimmer als ein Kanal, der nicht befeuert werde.
Im Hinblick auf negative Bewertungen in direkten Befragungen oder auf Google beton-te Growe, dass es nicht darum gehe, jedem zu gefallen und jedes Kundenfeedback eins zu eins umzusetzen. Vielmehr seien diese Bewertungen wertvoll, um Transparenz zu schaffen und sich genau zu überlegen, welche Punkte man in Optimierungsmaßnahmen übersetzen wolle. „Wir Frauen sind immer sehr gut darin, uns jegliche Kritik zu Herzen zu nehmen“, schloss Biesler. „Mehr Selbstvertrauen und Coolness, daran können wir arbeiten.“
Ein Bericht von Regine Hoffmeister
Partner dieser Veranstaltung und Expertinnen für die Fragen der Teilnehmerinnen an dem Abend waren: