Was haben Zahnimplantate und ein Boxer-Motor gemeinsam?

Nach mehrjähriger Pause fand am 8. Mai 2019 der ladiesdentaltalk auch wieder in Berlin statt. Die Zahnärztinnen waren diesmal zu Gast im BMW-Motorradwerk in Berlin-Spandau. Dr. Karin Uphoff (ladiesdentaltalk) führte durch den Abend, der unter dem Motto „Wandel gestalten“ stand. Als Talkgast an ihrer Seite gab Romy Ertl, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Werk, Einblick in ihre Strategien, sich als Frau in einem männerdominierten Konzern zu behaupten. Auf ihrem Weg „vom linken Bildrand nach vorne“ bei Fotoshootings der BMW-Führungskräfte hat sie gelernt, schnell zu sein: „Du musst Dich zeigen! Frauen brauchen als Führungskraft oder Fachexpertin ein besseres Selbstmarketing.“

Der Frauenanteil liegt im Spandauer Werk bei 7,9 Prozent – bei BMW insgesamt bei 16,5 Prozent. Neben Romy Ertl stehen im Berliner BMW-Werk nur zwei weitere Frauen in einer Führungsposition. „Um qualifizierten, weiblichen Nachwuchs für das Top-Management zu bekommen, müssen natürlich von unten über das mittlere Management Talente nachwachsen. Und da wird es in einem Produktionsbetrieb  mit vielen technischen Führungsfunktionen manchmal etwas dünn“, erläutert Ertl die Lage.

Martin vom Besucherservice führt die Frauentruppe vorbei an den Montagebändern mit halbfertigen Motorrädern. In heiterer Gelassenheit montieren die Teams hier verschiedene Ausführungen der BMW-Motoren für Motorräder. Beim Rundgang durch die Montagehalle treffen die Zahnärztinnen tatsächlich eine der Frauen in der Produktion und jubeln ihr zu. Martin erläutert, dass zur Qualitätskontrolle unter anderem die Anzahl der eingesetzten Schrauben im Boxer-Motor dokumentiert würden und wie wichtig das exakte Festziehen sei. Er spricht vom richtigen Drehmoment und dem dazugehörigen markanten Geräusch. Die Zahnärztinnen sind sofort im Bilde: „Kennen wir! Das ist beim Einschrauben eines Implantates genauso.“

Personalmanagement – Wandel in der Industrie und Zahnarztpraxis

Neben der Digitalisierung und dem steigenden bürokratischen Aufwand erleben die Zahnärztinnen das Finden, Gewinnen und Binden von Fachkräften als Wandel in ihren Zahnarztpraxen. Für die Zahnärztinnen sind es die Zahnmedizinischen Fachangestellten – im BMW-Werk vor allem Fachkräfte für IT und Ingenieurwesen. Personal für die Produktion zu finden, sei hingegen kein Problem. Hier könne BMW durch die Identifikation mit den Motorrädern als Lifestyle-Produkt gut punkten.

Die Frauen stimmen überein, dass es heute kreative und vor allem individuelle Konzepte zur Personalgewinnung braucht. Für viele Menschen sei Freizeit und eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit wichtiger als ein höheres Einkommen. Einige Zahnärztinnen stellen sich beispielsweise auf die Urlaubswünsche des Teams ein, machen dann ebenfalls Urlaub und schließen die Praxis. Auch auf die familiäre Situation der Mitarbeitenden wird mehr Rücksicht genommen. So führen zeitweise Arbeitszeitverkürzungen nicht selten zu veränderten Sprechzeiten der Zahnarztpraxis. An diesem Abend wird deutlich, dass kleinere Strukturen beim Personalmanagement mehr Gestaltungsspielraum bieten als ein Planstellensystem wie bei BMW möglicherweise kann.

Qualitatives Wachstum

Branchenübergreifend ist jedoch ein Qualitätsgewinn in den Arbeitsstrukturen erkennbar. Die Frauen diskutieren darüber, ob quantitatives Wachstumsbestreben à la „höher, schneller, weiter“ eher männlich geprägt ist. Als tendenziell weiblich wird ein Bewusstsein für die Relevanz von qualitativem Wachstum gesehen. So gehöre die Persönlichkeitsentwicklung zum qualitativen Wachstum. Da dies jedoch kein messbarer Wert sei, würde er von zahlenorientierten Menschen nicht anerkannt. Qualitatives Wachstum steht im Fokus der jährlichen Ladies Night, zu der Romy Ertl in das BMW-Werk nach Berlin einlädt. Nach dem Thema Mut widmet sie sich in diesem Jahr dem großen Thema Freiheit. Mit dieser Veranstaltung engagiert sich die gebürtige Dresdnerin für die Vernetzung von Frauen in Führungspositionen, um voneinander lernen zu können: „Frauen brauchen eigene Spielregeln!“

©Fotos: Eva Queißer, Queißer PR